Stadtverträgliche Werbung an Baugerüsten
Beispielbilder für Werbung an Baugerüsten
Der Umgang mit großflächigen Werbeplakaten an Baugerüsten ist in München aufgrund des im Januar 2008 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts München (AZ: M 8 K 08.129) nunmehr neu geregelt.
Großformatige Werbeposter sind zum einträglichen Geschäft geworden, sowohl für die Werbebranche als auch für Hauseigentümer und Bauherren, die mit den Einnahmen teilweise ihre Sanierungsarbeiten finanzieren. Die Stadt vermutete sogar, dass in Einzelfällen manche Gerüste länger stehen bleiben als erforderlich.
Damit die Fassadenwerbung nicht ausufert, hatte sich die Stadt mit den Werbefachleuten und den Hausbesitzern im vergangenen Jahr auf einen maßvollen Umgang mit Riesenpostern an Baugerüsten geeinigt.
Durch das oben genannte Urteil ist die Stadt München aufgefordert, bei großflächigen Werbeplakaten strengere Kriterien anzulegen. An die lukrative und willkommene Einnahmequelle werden von der Landeshauptstadt München anhand des neuen Richtlinienkataloges nunmehr neue Anforderungen gestellt.
Die Richter der 8. Kammer stellten bei dem streitgegenständlichen Aufstellungsort (siehe Foto) fest, dass das Baugerüst außerhalb der Baulinie steht, auf die gebaut werden muss. Tritt die auf dem Baugerüst angebrachte Werbeanlage mit einer Gerüstbreite von 1 m vor die Baulinie, widerspricht dies den Festsetzungen des einfachen Bebauungsplanes nach
§ 30 Absatz 3 Baugesetzbuch (BauGB).
Das Vorhaben könnte daher allenfalls im Rahmen einer Befreiung nach § 31 Absatz 2 Baugesetzbuch (BauGB) zugelassen werden. Der Bauherr muss sodann eine Befreiung beantragen, vorübergehend die Baulinie überschreiten zu dürfen. Nach dem Gesetz geht das aber nur, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Soweit die Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen in Rede steht, ist auch die Beeinträchtigung des Ortsbildes von Bedeutung; das heißt, es muss sich einfügen und städtebaulich vertretbar sein, da eine Baulinie, im Gegensatz zur Baugrenze auch gestalterische Funktion hat.
Die Richtlinien der Landeshauptstadt München stellen somit folgende Anforderungen an das Erscheinungsbild temporärer Gerüstwerbung:
"Werbeanlagen gehören zum Erscheinungsbild einer Großstadt und sind im Rahmen der Gesetze allgemein zulässig. Werbeanlagen sind dazu bestimmt, aufzufallen und erfüllen ihren Zweck nur dann, wenn sie sich von der Umgebung abheben. Dieser naturgemäße Kontrast muss aber so maßvoll sein, dass das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstaltet wird. Insbesondere Werbeanlagen mit übermäßiger Größe (so genannte Rieden- oder Megaposter), die fast die gesamte Baugerüstfläche überdecken, können dazu führen, dass die originäre Funktion des Baugerüstes nicht mehr in Erscheinung tritt, sondern zum Werbeträger umfunktioniert wird, die das Gebäude und damit zugleich das Straßen- und Ortsbild über eine mehr oder minder lange Zeit gestalterisch dominieren und so aufdringlich in Erscheinung treten, dass sie als wesensfremde Gebilde zur unmittelbaren näheren Umgebung in keiner Beziehung mehr stehen. Die damit einhergehende gestalterische Unruhe führt zu einer Disharmonie, die als Verunstaltung wirkt.
Bei der Beurteilung ist in ästhetischer Hinsicht aber auch zu berücksichtigen, dass angesichts eines Baugerüstes an einer Fassade das Gebäude für einen mehr oder minder langen, jedenfalls befristeten Zeitraum nicht bzw. nicht störungslos in Erscheinung tritt.
Gleichzeitig ist aber das Erscheinungsbild temporärer Baugerüstwerbung auf das Orts- und Straßenbild, die Baudenkmäler, sowie das Ensemble (siehe Foto) abzustimmen.
Je nach deren Bedeutung und die Dauer der Werbemaßnahmen sind bei der Beurteilung des Einzelfalls unterschiedliche Anforderungen an die Gestaltung zu stellen
(vergleiche nachstehende Tabelle)."
Quelle: Landeshauptstadt München
In den unterschiedlichen Zonen wird seitens der Genehmigungsbehörden die Genehmigungsfähigkeit grundsätzlich angenommen, wenn folgende Anforderungen an das Baugerüst und die Gestaltung eingehalten werden:
1. Außerhalb denkmalgeschützter Bereiche oder bedeutender Stadträume
Anforderung: muss sich in das Ortsbild einfügen und darf nicht verunstaltend wirken.
1.1 Baugerüst und Abplanung
1.1.1 Das Baugerüst und die Abplanung sind nachweislich nach Zweck, Größe und Dauer erforderlich.
1.1.2 Das Gerüst wird vollflächig mit einer Plane (Netz) bespannt.
1.2 Werbeposter
1.2.1 Das Werbeposter wird für einen Zeitraum von maximal 6 Monaten beantragt. Ausnahmsweise kann eine Verlängerung um 3 Monate beantragt werden, wenn diese ausreichend begründet ist.
1.2.2 Das Werbeposter wird grundsätzlich mittig zentriert in die Gerüstfläche gehängt.
1.2.3 Die Trauflinie des Gebäudes, beziehungsweise der Nachbarschaft wird durch das Poster nicht überschritten.
1.2.4 In der Erdgeschosszone wird eine Repräsentationszone für die Ergeschossnutzer freigehalten.
1.2.5 Das Werbeposter hält zu den seitlichen Gerüstabständen einen Mindestabstand
von 1,00 m ein.
1.2.6 Keine Übereckhängung
1.2.7 Die Werbeplane beansprucht nicht mehr als 25 - 30 % der Gerüstfläche.
1.2.8 Ein Werbeposter mit maximal 120 m² (entspricht einer Gerüstfläche von
ca. 450 m²), soweit die oben genannten Punkte eingehalten werden können.
1.2.9 Die Werbeplane führt zu keiner störenden Häufung (mehr als zwei Poster am Gerüst oder in der näheren Umgebung).
1.2.10 Das Werbeposter enthält kein anstößiges, gewaltverherrlichendes oder sexistisches Motiv.
1.2.11 Das Werbemotiv enthält keine 3D-Effekte, Leuchtwerbung, bewegte Animationen, Blinkwerbung oder Vergleichbares.
2. Denkmalgeschütztes Ensemble, vor Einzeldenkmälern, in der Nähe von bedeutenden Baudenkmälern oder in städtebaulich bedeutenden Stadträumen (zum Beispiel Sichtachsen)
Anforderung: Sandfarbige Pläne (Netz) ("Passepartout").
2.1 Die oben unter Punkt 1 genannten, allgemeinen Anforderungen an eine genehmigungsfähige Gestaltung werden eingehalten.
2.2 Im Zeitraum 1 bis 3 Monate:
2.2.1 Bei allen Gebäuden wird vor der sichtbaren Gerüstfläche eine sandfarbige Plane oder ein sandfarbiges Netz angebracht.
2.3 Im Zeitraum 4 bis 6 Monate:
2.3.1 Bei allen Gebäuden wird das verhüllte Gebäude abgebildet oder die Plane künstlerisch gestaltet.
2.3.2 Das Werbeposter ist in die architektonische Struktur der Abbildung (Fensterachsen et cetera) oder die künstlerische Gestaltung integriert.
2.3.3 Die architektonischen Gestaltungselemente wie das Traufgesims oder das Gesims über dem Erdgeschoss dürfen vom Werbeposter nicht überschnitten (verdeckt) werden.
2.4 In werbefreien Zeiten ist die freie Posterfläche entsprechend der Gerüstfläche zu gestalten.
3. Am und innerhalb des Altstadtrings (Ensemble Altstadt) und in den ensemblegeschützten Prachtstraßen (Briennerstraße mit Königsplatz, Ludwigstraße mit Forum am Siegestor, Maximilianstraße mit Maximilianeum sowie Prinzregentenstraße mit Prinzregentenplatz)
Anforderung: Abbildung der Fassade oder künstlerische Gestaltung.
3.1 Die oben unter Punkt 1 und Punkt 2.3 genannten Anforderungen an eine genehmigungsfähige Gestaltung werden eingehalten.
3.2 Ab dem ersten Monat wird bei allen Gebäuden die verhüllte Fassade auf der Gerüstplane abgebildet oder es erfolgt eine künstlerische Gestaltung der Plane (Netz), die einen Bezug zum Gebäude, dem Standort beziehungsweise seine Geschichte herstellt.
4. Ganzverhüllung
Ganzverhüllungen sind ausnahmsweise zulässig, wenn:
1. sich die Gestaltung in die Qualität des Stadtraumes einfügt,
2. die Gestaltung das Bauwerk, die Straße, den Platz oder die geschichtlichen Bezüge thematisiert,
3. die Produktwerbung weitestgehend vermieden wird.
Ansonsten gelten die allgemeinen Vorraussetzungen.
5. Gerüstwerbung bei Abbrüchen
Temporäre Werbung an Abbruchgebäuden setzt voraus, dass:
1. eine Genehmigung (Erlaubnis) für den Abbruch erteilt ist,
2. der Abbruchbeginn der Abteilung HA IV/ 6 - Werbeanlagen seitens des beauftragten Unternehmers schriftlich und mit Terminierung angezeigt ist,
3. die Genehmigung auf maximal 4 Wochen begrenzt wird.
Ansonsten gelten die allgemeinen Vorraussetzungen."
Quelle: Landeshauptstadt München
Autor
Erika Schindecker
Gesellschaft für Organisation, Vorbereitung und
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