Stadt München verschärft Erhaltungssatzung
Seit 25 Jahren engagiert sich die Landeshauptstadt München wie kaum eine andere deutsche Großstadt, um preiswerten Wohnraum zu erhalten, den städtischen Wohnungsbestand auszuweiten und den Neubau anzukurbeln. Mit dem Instrument der Erhaltungssatzung werden die Umwandlung in Eigentumswohnungen sowie unangemessene Modernisierungs-maßnahmen unterbunden. In der Jubiläumsbroschüre der Stadt München ist ausgeführt, dass sie in den letzten 20 Jahren ca. 430 Immobilien mit 6.000 Mietwohnungen und mit ca. 400.000 m² Wohnfläche vor Umwandlung und Luxussanierung geschützt hat. 1987 trat die Erhaltungssatzung für die ersten Gebiete in Kraft. Aktuell gibt es 14 Erhaltungssatzungs-gebiete mit rund 169.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die in rund 92.000 Wohnungen leben.
Rechtsgrundlage für die von der Landeshauptstadt München erlassenen Erhaltungssatzungen ist das Baugesetzbuch (BauGB). Danach können durch Satzungen Gebiete festgelegt werden, in denen die Änderung, Nutzungsänderung und der Rückbau baulicher Anlagen einer besonderen Genehmigung bedürfen. Diese Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn die Maßnahme keiner baurechtlichen Genehmigung nach der Bayerischen Bauordnung (BayBO) bedarf. Der Genehmigungspflicht nach der Erhaltungssatzung unterliegen sowohl vermietete als auch leerstehende Wohnungen.
Die Münchner Erhaltungssatzungen werden auf die Dauer von fünf Jahren erlassen und vor Ablauf auf einen möglichen Neuerlass überprüft. Die Kriterien für die Ausweisung von Erhaltungssatzungsgebieten werden fortlaufend weiterentwickelt (zuletzt im Jahre 2006).
Als neue bzw. ergänzende Aufwertungskriterien wurden nunmehr aufgenommen:
- Anteil an Wohnungen in Gebäuden erbaut zwischen 1969 und 1978 in % des Wohnungsbestandes
- Mittlere Wiedervermietungsmiete nettokalt je qm in % des Vergleichsraums Innenstadtnahe Randgebiete (innerhalb des Mittleren Rings) bzw. Außenraum (Stadtgebiete außerhalb des Mittleren Rings).
Der bisherige Lageindikator nach Mietspiegel, mit Hilfe dessen alle Gebiete und deren Umfeld nach dem jeweils gültigen Mietspiegel eingewertet wurden, werden durch den neuen, relativen Indikator der mittleren Wiedervermietungsmiete ersetzt.
Als zusätzliche Verdrändungsindikatoren wurden neu aufgenommen:
- Anteil der 60- bis 74-Jährigen
- Anteil der Alleinerziehenden in allen Haushalten mit Kindern.
Bisher lag der Focus nur auf der alten bis hochbetagten Bevölkerung ab 74 Jahren. Da mit Eintritt in das Rentenalter aber auch für „jüngere“ Alte eine neue Lebens- und Einkommensphase anbricht, wurde als zusätzlicher Indikator der Anteil der 60- bis 74-Jährigen aufgenommen.
Die derzeitigen Erhaltungssatzungsgebiete liegen mehrheitlich innerhalb des Mittleren Rings (Innenraum) Zukünftig soll der Focus über den Innenraum und die klassischen Altbauviertel hinaus auf Viertel des Außenraums um den Mittleren Ring herum erweitert werden.
Für die seitens der SPD beantragten Optimierungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten im Vollzug sieht das Sozialreferat bei der derzeitigen Rechtslage keine Verschärfungs-möglichkeit. Das Sozialreferat, Amt für Wohnen und Migration, vollzieht die Erhaltungssatzungen ohnehin nach strengen Maßstäben und sieht den Spielraum für den Vollzug derzeit ausgeschöpft.
Neben der Einführung eines Genehmigungsvorbehaltes für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen (§ 172 Abs. 1 Satz 4 Baugesetzbuch) wäre nach Ansicht der Stadt auch die Möglichkeit einer Mietendeckelung hilfreich, um so die Mietsteigerungen begrenzen zu können. Dies könnte im Rahmen einer Begrenzung der Kostenumlage bei Modernisierungsmaßnahmen über das Mietrecht hinaus geschehen, wie dies früher bereits vom Sozialreferat praktiziert wurde. In der Vergangenheit wurde jedoch zuerst durch die Rechtsprechung und danach durch die Baurechtsnovelle von 1998 die Möglichkeit genommen, auf die Miethöhe Einfluss zu nehmen.
In der Praxis sahen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer nicht selten davon ab, ganze Hausgrundstücke zu verkaufen. Vielmehr gingen diese daran, bereits gebildetes oder noch zu bildendes Teil- und Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zu veräußern. Hier wird die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit genutzt, dass auch nur einzelne Wohnungen, einzelne Stockwerke oder gar abgetrennte Einzelräume „herausgeteilt“ werden. Bei deren Verkauf wird so das gemeindliche Vorkaufsrecht vermieden, das nach § 24 Abs. 2 BauGB beim Verkauf von Rechten nach dem WEG besteht.
„Gestaltungsmöglichkeiten könnten ihre nachteiligen Wirkungen am besten dadurch genommen werden, indem sich die Staatsregierung endlich dazu entschließt, die Bildung von Wohnungs- und Teileigentum gemäß § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB einer Genehmigungspflicht zu unterwerfen“, so das Sozialreferat.
Der Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung hat in seiner Sitzung vom 17.April.2013 beschlossen, dass die Landeshauptstadt München weiterhin beauftragt ist, sich gegenüber dem Freistaat Bayern für die Einführung eines Genehmigungsvorbehaltes bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Erhaltungssatzungsgebieten einzusetzen.
Außerdem bleibt die Stadtverwaltung beauftragt, auch weiterhin alle rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu nutzen.
Nachfolgend Auszug aus den geänderten Richtlinien der Landeshauptstadt München zum allgemein üblichen Standard (Stand: 17.01.2013)
„Der allgemein übliche Standard von Wohnungen in der Landeshauptstadt München ist in der
Regel gegeben, wenn hinsichtlich Bauausführung und Ausstattung die Mindestanforderungen erfüllt und die Wohnbedürfnisse breiter Schichten der Stadtbevölkerung nicht überschritten sind.
Ein allgemein üblicher Standard von Mietwohnräumen liegt erst dann vor, wenn deutlich mehr als die Hälfte der Mietwohnungen über eine entsprechende Ausstattung und Merkmale zum Standard verfügen.
Die Bestandsaufnahme zum allgemein üblichen Wohnstandard nimmt nicht Bezug auf die zur Bauzeit geltenden Vorschriften oder Normen, wie zum Beispiel Wärmeschutz (Energieeinsparverordnung EnEV), Schallschutz, Brandschutz, Statik, Umweltauflagen, Denkmalschutz u.s.w..
Grundriss
Komfort- bzw. Luxus-Wohnungen bilden auf dem Mietsektor nach wie vor den geringeren Anteil.
Allgemein übliche Wohnungsgrößen sind:
1-Zimmer-Wohnungen mit rd. 30 m² bis rd. 45 m² WF
2-Zimmer-Wohnungen mit rd. 45 m² bis rd. 70 m² WF
3-Zimmer-Wohnungen mit rd. 70 m² bis rd. 95 m² WF
4-/5-Zimmer-Wohnungen mit rd. 95 m² bis rd. 130 m² WF
Für Wohnraum in der Größenordnung ab 3 Zimmern oder 2,5 Zimmern mit Wohnküche
sind familiengerechte Konzeptionen und eine hierfür ausreichende Möblierbarkeit Standard.
Grundriss-Ausstattung
Bauliche Gegebenheiten, wie unter anderem das Vorhandensein eines Personenaufzuges, eines gesonderten Abstellraumes, ausgewiesener Abstellflächen (z.B. für Kinderwagen und Fahrräder) oder einer Gegensprechanlage bestimmen den Wohnstandard entscheidend mit.
Gesonderte Abstellräume, wie z.B. im Kellergeschoss oder in Nebengebäuden, sind in deutlich mehr als der Hälfte der Fälle Mietwohnungen zugeordnet.
Abstellflächen (z.B. für Kinderwägen und Fahrräder) stehen in deutlich mehr als der Hälfte der Fälle zur Verfügung.
Gegensprechanlagen sind in deutlich mehr als der Hälfte der Mietwohnungen vorhanden.
Personenaufzüge sind in Gebäuden mit mehr als fünf Vollgeschossen nach wie vor allgemein üblicher Standard. Darüber hinaus sind Aufzüge nach Art. 37 Bayerische Bauordnung ab einer Gebäudehöhe von 13 m baurechtliche Mindestanforderung.
Balkone bzw. Loggien gehören weitgehend zum allgemein üblichen Standard von Neubauten bzw. werden, wie immer öfter zu beobachten, nachträglich vorgebaut. Balkone sind tendenziell in deutlich mehr als der Hälfte Mietwohnungen zugeordnet. Balkone mit Grundflächen von über 8 m² sind kein allgemein üblicher Standard. Bei mehreren Balkonen pro Wohnung zählt deren Gesamtfläche. Gleiches gilt für Terrassen.
Galerien sind in der überwiegenden Mehrzahl von Mietwohnräumen nicht anzutreffen.
Natursteinplatten als Bodenbelag sind kein allgemein üblicher Wohnstandard.
Sanitär-Ausstattung
Allgemein üblicher Standard –
- sind Bäder und Toiletten innerhalb der Wohneinheiten
- sind geflieste Boden- und Wandflächen (keramische Erzeugnisse)
- ist die Ausstattung von WC-Räumen mit Toilette und Handwaschbecken.
Allgemein üblicher Standard von Wohnungen –
mit bis zu 2 Zimmern
- 1 Sanitärraum (Bad mit Toilette)
- Ausstattung des Bades mit einem Waschbecken
- Ausstattung mit Badewanne (Duschmöglichkeit integriert) oder Duschwanne
mit 3 Zimmern und darüber
- räumliche Trennung von Bad und WC (zwei Sanitärräume)
- Ausstattung des Bades mit zwei Waschbecken
- Ausstattung mit Badewanne und Duschwanne
Ausstattungsmerkmale von Sanitärräumen, die über den allgemein üblichen Standard hinausgehen, sind –
- z.B. Eck-Badewanne, Whirlpool oder Bidet, unabhängig von der Anzahl der Zimmer
- Wandverkleidungen oder Bodenbeläge aus Naturstein, wie z.B. Granit oder Marmor
- in 1- bis 3-Zimmer-Wohnungen Sanitärräume mit einer Wohnfläche von deutlich über 7 m²
- in 4- bis 5-Zimmer-Wohnungen Sanitärräume mit einer insgesamt anrechenbaren
- Wohnfläche von deutlich über 8 m².
Küchenräume
Allgemein üblicher Standard ist die Grund-Ausstattung mit Kochstelle und Spüle sowie die
hierfür notwendigen Leitungsführungen und Anschlüsse.
In deutlich mehr als der Hälfte der Mietwohnungen sind Kochstelle und Spüle in eine relativ einfache Arbeitszeile (Küchenzeile) integriert. Arbeits- und Abstellflächen stehen vielfach dem Wunschdenken mangels Platzangebot nach.
In deutlich mehr als der Hälfte der Mietwohnungen kommen Gas- oder Elektroherde zum Einsatz.
Im Spritzbereich (Wirtschaftsbereich, Arbeitszeile) ist eine Wandverfliesung in Höhe von
mehreren Fliesenreihen Standard.
Für die Warmwasserversorgung ist in deutlich mehr als der Hälfte der Mietwohnungen eine
zentrale Anlage, vielfach in Zusammenhang mit der Heizungsanlage, installiert.
Anschlüsse - insbesondere Elektroanschlüsse - sind nach heutigem Wunschdenken und
Anforderungen in noch zu geringer Anzahl installiert.
Beheizung
Für die Raumheizung von Mietwohnungen kommen mittlerweile in deutlich mehr als der Hälfte der Mietwohnungen Gas-Einzel- sowie Elektro-Nachtspeicher-Öfen oder zentrale Heizanlagen (Zentralheizung, Fernheizung, Etagenheizung) zum Einsatz.
Offene Kamine oder Kachelöfen sind verhältnismäßig selten in Mietwohnungen eingebaut;
sie sind keinesfalls allgemein üblicher Standard.
Fenster / Fenstertüren
Verbundfenster oder Isolierverglasung sind allgemein üblicher Standard.
Wohnungs-Eingangstüren
Der überwiegende Anteil der Wohnungs-Eingangstüren entspricht den Ansprüchen an den
Schall-, Feuer- und Einbruchschutz.
Sonstige Ausstattung
Hinweise dafür, dass der Ausstattungsstandard überschritten wird, sind z.B.
- der Einbau von elektrischen Rollläden
- die Verwendung von überdurchschnittlichen, hochwertigen Boden- und Wandbelägen
- die Verwendung von überdurchschnittlichen, hochwertigen Sanitär- und Armaturenausstattungen
- die Bereitstellung eines Conciergedienstes
- der Einbau eines Wellnessbereiches mit Schwimmbad und Sauna im Gebäude
- der Einbau von Videogegensprechanlagen.
Oben genannte Ausführungen geben lediglich einen allgemeinen Anhalt
zum üblichen Ausstattungsstandard und damit zur Genehmigungsfähigkeit für Modernisierungsmaßnahmen in Erhaltungssatzungsgebieten.“
Quelle: Landeshauptstadt München
Verfasserin:
Erika Schindecker
Gesellschaft für Organisation, Vorbereitung und Betreuung von Bauobjekten mbH
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