Sozialgerechte Bodennutzung – Das Erfolgsmodell im Wohnungsbau wird fortgeschrieben
Sozialgerechte Bodennutzung – Das Erfolgsmodell im Wohnungsbau wird fortgeschrieben
-Ausgleich für die Gewährung neuen Baurechts-
Seit mehr als 20 Jahren begleitete das Instrument der „Sozialgerechten Bodennutzung“ (SoBoN) die städtebauliche Entwicklung der Landeshauptstadt München. Der eingeschlagene Münchner Weg war ein Erfolgsmodell, das von der Bau- und Immobilienwirtschaft anerkannt und akzeptiert wurde. Bis 31.12.2016 wurden 150 Bebauungsplanverfahren nach den SoBoN-Grundsätzen rechtsverbindlich abgeschlossen; 46.250 Wohnungen konnten damit geschaffen werden, davon rund 12.000 im geförderten Wohnungsbau.
Die Verfahrensgrundsätze wurden auch oft von anderen Kommunen übernommen, da diese einen wesentlichen Beitrag zu einem sozialen und nachhaltigen Städtebau leisten, der sowohl die Bedürfnisse nach Wohnraum und sozialer Infrastruktur, der Freiraumplanung, der Grünausstattung und des Verkehrs berücksichtigt.
Das Grundprinzip ist, Planungsbegünstigte an den ursächlichen Kosten und Lasten angemessen zu beteiligen. Dazu zählen die anteilige Übernahme von Herstellungskosten und Flächenabtretungen für Erschließungsmaßnahmen, für Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten und Grundschulen sowie für Grünflächen und Ausgleichsmaßnahmen. Außerdem wird ein festgesetzter Prozentsatz des neu geschaffenen Wohnbaurechts für Zwecke des sozial gebundenen Wohnungsbaus zur Verfügung gestellt.
Nach monatelangen Verhandlungen hat der Stadtrat der Landeshauptstadt München im Juli 2017 nunmehr die Fortschreibung und Aktualisierung des Münchner Erfolgsmodells beschlossen, denn seit deren Einführung 1994 haben sich die Rahmenbedingungen für ihre Anwendung verändert: frei verfügbare Flächen für den Wohnungsbau werden knapp, während gleichzeitig eine hohe Bevölkerungszunahme verzeichnet wird. Beide Entwicklungen führen dazu, dass der Druck auf den Wohnungsmarkt stetig zunimmt. Dabei ist dem Mangel an -insbesondere preisgünstigem- Wohnraum für unterschiedliche Bedürfnisse entgegenzusteuern. Mehr Wohnraum muss geschaffen werden.
Der Schwerpunkt der Baurechtsschaffung für Wohnen hat sich bereits in der jüngeren Vergangenheit und wird sich auch künftig noch vermehrt auf sogenannte „Umstrukturierungsfälle“, das heißt auf ehemalige gewerblich genutzte Flächen verlagern. Daneben werden Fälle der Nachverdichtung bestehender Quartiere an Bedeutung gewinnen.
Es war daher erforderlich, die Regularien und Verfahrensgrundsätze zur SoBoN anzupassen.
Folgende Änderungen sind am 27.07.2017 in Kraft getreten:
- Anhebung des anteiligen Kostenbeitrags der Planungsbegünstigten für die soziale Infrastruktur von bisher 66,47 €/m² auf 100,00 €/m² Geschossfläche
- Anpassung der Grundstückswertansätze beim geförderten Wohnungsbau auf
300,00 €/m² Geschossfläche bei Einkommensorientierten Förderung-EOF und
600,00 €/m² Geschossfläche bei Eigenwohnraum bzw. München Modell-Miete
- Änderung der Regelungen zur Ausgestaltung der 30-Prozent-Förderquote
für den geförderten Wohnungsbau
- Einführung des neuen Modells „zusätzlicher preisgedämpfter Mietwohnungsbau“;
hier sollen zur bestehenden Quote von 30 Prozent für den geförderten Wohnungsbau für Geringverdiener künftig weitere 10 Prozent des neu geschaffenen Wohnbaurechts als preisgedämpfter Mietwohnungsbau verwirklicht werden - mit einer Eingangsmiete von 13,90 Euro je Quadratmeter Wohnfläche (netto kalt). Diese Verpflichtung gilt für 30 Jahre, die Miete darf in diesem Zeitraum jedoch im üblichen Rahmen nach und nach bis zur Marke des Mietspiegels angehoben werden. Eine Eigenbedarfskündigung nach 20 Jahren ist möglich.
- Wegfall des sogenannten Gewerbeflächenausgleichs und der Anrechnung des „fiktiven Wohnbaurechts“. Das bedeutete, dass in Umstrukturierungsfällen nun 30 Prozent des neu geschaffenen Wohnbaurechts komplett für den klassischen geförderten Wohnungsbau zur Verfügung stehen.
- Beschleunigung der Berechnungs- und Bewertungsverfahren
durch anfängliche Sicherheitsleistung ausschließlich durch Bürgschaften oder vergleichbare Sicherheiten,
- den Verzicht auf eine frühe Anfangswertermittlung,
- eine SoBoN-Berechnung erst auf Basis einer „konsolidierten“ Planung und Festlegung einer Zeitschiene und eine verkürzte Berechnung in Verbindung mit eingeschränkten Ermittlungen der Anfangs- und Endwerte bei untergeordneten Flächen und Klein- und Splitterflächen.
Mit dieser SoBoN-Novelle 2017 können folgende Verbesserungen für die Landeshauptstadt München erzielt werden:
- Erhöhung der Finanzmittelausstattung bei der sozialen Infrastruktur
- Zusätzlich 10 Prozent Mietwohnungsbau für die Mittelschicht der Münchner Bevölkerung
- Ersparnis des städtischen Finanzierungsausgleichs beim bisherigen Förderdelta des fiktiven Wohnbaurechts
- Vereinfachung des SoBoN-Verfahrens durch Wegfall des fiktiven Wohnbaurechts
- Beschleunigung des SoBoN- und damit Bauleitplanverfahrens durch Verfahrensvereinfachungen
Die SoBoN wird bei allen Bebauungsplänen angewandt, die planungsbedingt Kosten und Lasten bei der Landeshauptstadt München auslösen und zu einer deutlichen Bodenwertsteigerung der planungsbegünstigten Eigentümer führen.
Die Neuregelungen gelten ab 27. Juli 2017, soweit sie nicht schon bereits durch frühere Stadtratsbeschlüsse in Kraft gesetzt sind. Dies gilt auch für die Beschleunigungsvorschläge.
Abweichend können für neue Bebauungspläne ohne formellen Verfahrensstand ausnahmsweise auch die alten SoBoN-Grundsätze angewendet werden, wenn dies vom Planungsbegünstigten gewünscht wird und die Stadt zustimmt.
Die „Altfallregelung“ gilt auch für Bebauungsplanverfahren, für die noch kein Billigungsbeschluss vom Stadtrat gefasst worden ist, es sei denn, die Planungsbegünstigten wünschen die Anwendung der Neuregelungen zu Sozialgerechten Bodennutzung und die Stadt stimmt zu.
Nicht angewendet werden die neuen Regularien auch in den Fällen, in denen bereits ein beurkundungsreifer/beurkundeter städtebaulicher Vertrag vorliegt.
Zur Sicherstellung einer einheitlichen Handhabung trifft die Entscheidung/Zustimmung die referatsübergreifende Arbeitsgruppe zur Sozialgerechten Bodennutzung im Einzelfall.
Abschließend gilt: wo keine Bauleitplanung erfolgt, greift auch die SoBoN nicht.
Autor
Erika Schindecker
Gesellschaft für Organisation, Vorbereitung und Betreuung von Bauobjekten mbH
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