Abwendungserklärung in Erhaltungssatzungsgebieten verschärft
Abwendungserklärung in Erhaltungssatzungsgebieten verschärft
Seit 1987 hat die Landeshauptstadt München insgesamt 22 Erhaltungssatzungsgebiete erlassen um bestehenden und bezahlbaren Wohnraum zu erhalten. Sie dienen dem Erhalt des angestammten Milieus und der Infrastruktur im Viertel. In rund 154.000 Wohnungen leben etwa 277.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Bei den Erhaltungssatzungsgebieten handelt es sich immer um Gebiete, in denen der Wohnungsbestand auch ein gewisses Aufwertungspotential aufweist. Eine Sanierung soll sich aber nicht in überteuerten Mieten niederschlagen.
Wenn ein Eigentümer also ein Gebäude in einem der Erhaltungssatzungsgebiete verkaufen will, hat die Stadt ein Vorkaufsrecht. Seit es diese sog. Milieuschutzsatzungen gibt, hat das Kommunalreferat der Landeshauptstadt München zur Durchsetzung der Satzungsziele auch dieses gesetzliche Vorkaufsrecht eingesetzt. „Das Wohl der Allgemeinheit muss die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen“, so die Kommunalreferentin Kristina Frank.
Mit diesem Instrument wurden bisher eine Vielzahl von Anwesen durch die Stadt erworben und anschließend wieder reprivatisiert. Ein Kaufinteressent konnte allerdings das Objekt erwerben, wenn er sich mit einer Abwendungserklärung zu bestimmten Auflagen verpflichtete, u. a. sowohl die Umwandlung in Eigentumswohnungen (Aufteilungsverbot) als auch unangemessene Modernisierungsmaßahmen (Verbot von Luxussanierungen) zu unterlassen.
Laut Kommunalreferentin Kristina Frank wurden in den letzten 25 Jahren insgesamt 75 Anwesen von der Stadt erworben und 494 Abwendungserklärungen unterzeichnet.
Ob die Landeshauptstadt München das Vorkaufsrecht ausübt, muss innerhalb von zwei Monaten entschieden werden.
Am 27. Juni 2018 hat die Vollversammlung des Stadtrates diese Erklärung nunmehr erheblich verschärft.
Zusätzlich zum Verbot von Luxussanierungen und Aufteilung in Wohnungseigentum darf nur noch an Mieter vermietet werden, deren Einkommen unter eine bestimmte Grenze fällt. Eine Neuvermietung darf nur noch an berechtigte Personen vorgenommen werden und muss die Voraussetzungen des jeweils aktuellen Stadtratsbeschlusses zu „Wohnen in München“ (derzeit „Wohnen in München VI“ vom 15.11.2016) für das München Modell Miete erfüllen und darf die dort festgelegte Einkommensobergrenze nicht überschreiten. Mieterhöhungen sind nur maximal bis zum Mietspiegel möglich.
Abweichend von den v. g. Einkommensobergrenzen darf nur eine einzige Wohnung in dem Objekt, die zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung leer steht oder während der Bindungsdauer leer wird, an Familienangehörige oder Verwandte vermietet oder durch den
Erwerber selbst genutzt werden, soweit diese Wohnung zuletzt von förderungsberechtigten Personen bewohnt war. Bei leerstehenden oder während der Bindungsdauer leer werdenden Wohnungen, die zuletzt von nicht förderberechtigten Mieterinnen/Mietern bewohnt waren, ist eine Eigennutzung durch den Käufer oder eine Vermietung an Familienangehörige oder Verwandte ohne die Erfüllung der Einkommensvoraussetzungen uneingeschränkt möglich.
Wird von dem Erwerber kein Nachweis über die fehlende Berechtigung vormaliger Mieter erbracht, wird die Förderberechtigung unterstellt.
Eine Eigenbedarfskündigung förderberechtigter Personen hierzu ist unzulässig. Ausnahmen können zugelassen werden, wenn seitens des Erwerbers berechtigte Interessen vorgebracht werden.
Zudem muss sich der Erwerber verpflichten, bei der Neuvermietung einer bei Abgabe der Abwendungserklärung leerstehenden Wohnung keine höhere Nettokaltmiete als die nach dem München Modell Miete maximal zulässige Eingangsmiete in der zum Zeitpunkt der Abgabe der Abwendungserklärung geltenden Fassung (derzeit 11,50 € als obere Spanngrenze nach der Fassung Wohnen in München VI) zu verlangen („Eingangsmiete“).
Liegt zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags die ortsübliche Miete für die Wohnung nach dem jeweils geltenden Mietspiegel für München unterhalb der vorgenannten maximal zulässigen Eingangsmiete, kann höchstens eine Miete bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem jeweils geltenden Mietspiegel für München verlangt werden.
Staffelmietverträge sind ausgeschlossen. Eine Untervermietung ist nur an einen bestimmten, vertraglich festgelegten Personenkreis zu den gleichen Bedingungen, die für die Mieter/innen gelten, zulässig.
Die Mietverträge sind dem Sozialreferat, Amt für Wohnen und Migration vorzulegen.
Der Abbruch von Wohnanwesen ist grundsätzlich zu unterlassen. Nur im Einzelfall ist eine Ausnahme möglich: wenn das Anwesen derart marode ist, dass kein schützenswerter Wohnraum mehr vorhanden ist (sogenanntes „Negativattest“).
Von den Kosten für nach der Abwendungserklärung zulässige Modernisierungen dürfen maximal 8 % pro Jahr und innerhalb von acht Jahren maximal drei Euro je Quadratmeter auf den Mieter umgelegt werden. Insgesamt darf eine Umlage nur erfolgen, solange die Maßnahme noch nicht finanziert ist.
Die Bindungen der Abwendungserklärung gelten, solange das Anwesen ohne Unterbrechung im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung liegt. Nach fünf Jahren kann die Erhaltungssatzung verlängert oder neu gefasst werden.
Unterzeichnet ein Erwerber die Abwendungserklärung dann muss er sich verpflichten, die in der Vereinbarung enthaltenen Regelungen den Mieterinnen und Mietern in geeigneter Form bekannt zu geben und dies auch dem Sozialreferat, Amt für Wohnen und Migration nachzuweisen. Bei einem Mieterwechsel sind die geregelten Verpflichtungen in neu abzuschließenden Mieterverträgen zu berücksichtigen.
Bei einer Weiterveräußerung des Anwesens und/oder jedweder Übertragung des Eigentums sind die Bestimmungen der unterzeichneten Abwendungserklärung auf Rechtsnachfolger in notarieller Form als echten Vertrag zugunsten der Landeshauptstadt München zu übertragen , mit der Maßgabe, dass diese wiederum ihre Rechtsnachfolger/innen entsprechend verpflichten.
Bei Verstoß gegen diese Verpflichtungen sind unterschiedlich hohe Vertragsstrafen (bis zu 250.000 € pro Wohnung) vorgesehen.
Die Neufassung der verschärften Abwendungserklärung wurde im Stadtrat gegen die Stimmen der CSU, der BAYERNPARTEI, der LKR, der FDP und von Stadträtin Sabathil beschlossen.
Ob sie letztendlich einer gerichtlichen Überprüfung standhält, bleibt abzuwarten.
Autor
Erika Schindecker
Gesellschaft für Organisation, Vorbereitung und Betreuung von Bauobjekten mbH
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